Streitkulturcup Tübingen 2019
Eigentlich ist es zu früh, zu kalt und zu dunkel, um aufzustehen. Aber wir haben an diesem Samstagmorgen noch einen weiten Weg vor uns. Also stehen wir auf, packen unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg. Unser Ziel: Tübingen.
Dort findet an diesem Wochenende an der Universität der Streitkulturcup statt, ein studentisches Debattierturnier. Unser Team, welches aus Lea Rosenbauer, Janek Berg (beide Schüler der ISH) und Isabel Kurth (Diltheyschule Wiesbaden) besteht, tritt unter dem Namen „Wir versetzen Berge“ an. Mit dabei ist auch der betreuende Lehrer Daniil Pakhomenko, der für uns juriert.
Nach drei Stunden Autofahrt kommen wir an der Uni an und gehen sofort in den Ankündigungsraum, wo schon die anderen Teilnehmer sitzen. Redner, Juroren und Helfer aus ganz Deutschland.
Es geht direkt los mit der Setzung: Die Seiten werden zugelost, und das Thema verkündet. Unser Team redet zuerst als Opposition. Das Thema lautet: „Ist Gewalt in Ländern mit massiver Frauendiskriminierung ein legitimes Mittel der feministischen Bewegung?“ Während die Regierung meint, dass in einigen Fällen Gewalt nötig sei, um Frauen zu Rechten zu verhelfen, erklären wir dagegen, dass Gewalt immer Gewalt nach sich zieht und deshalb kein Mittel sein sollte, um Gewaltfreiheit und Menschenrechte zu erlangen.
Als die Juroren etwas später das Ergebnis verkünden, haben wir zwar knapp verloren, sind alles in allem aber zufrieden mit dem Ergebnis.
Nach dem Mittagessen geht es direkt in die nächste Runde. Thema: „Bei den Rennen der Formula E gibt es den sogenannten Fan-Boost. Hier stimmen die Fans im Internet ab, und die drei Fahrer mit den meisten Stimmen erhalten im Rennen für wenige Sekunden eine PS-Leistungssteigerung. Sollte der Fan-Boost in der Formula E abgeschafft werden?“
Diesmal reden wir nicht als Team, sondern als Freie Redner. Wir werden auf verschiedene Räume verteilt und haben keine feste Position, sondern dürfen uns im Lauf der Debatte für eine Seite entscheiden.
In der letzten Runde des Tages lautet das Thema: „Angenommen, es wäre nur zum jetzigen Zeitpunkt möglich: Sollte eine zufällige Hälfte der Menschheit schmerzfrei ausgelöscht werden?“ Wir sind Regierung. Keine sonderlich sympathische Seite. Aber jammern hilft nichts, also versuchen wir, das Beste aus unserer Position zu machen. Wir argumentieren mit Überbevölkerung, Ressourcenknappheit und Dürren aufgrund des Klimawandels. Das Ergebnis erfahren wir in dieser Runde nicht, um die Spannung aufrechtzuerhalten, wer ins Finale kommt.
Nach dieser Debatte ist es fürs Erste geschafft. Nur noch Abendessen und Beisammensein stehen auf dem Programm. Das findet allerdings nicht in der Uni statt, sondern in einem Restaurant in der Altstadt Tübingens. Zu Fuß suchen wir uns den Weg. Es ist zwar schon dunkel, doch dank einiger (unfreiwilliger) Umwege sehen wir so wenigstens noch einiges von Tübingens Altstadt.
Nach dem Essen kommt die Bekanntgabe, wer das Halbfinale erreicht hat. Wie wir dann auf der Rangliste sehen, ist unser Team auf dem 9. von 18 Plätzen gelandet. Was erst einmal nicht besonders überragend klingt, ist für uns aber völlig zufriedenstellend. Wir haben an diesem Tag das erste Mal überhaupt zusammen geredet und die meisten anderen Teams bestanden aus Studenten. Und – was am wichtigsten ist – wir hatten viel Spaß bei den Debatten.
Als wir uns schließlich von den anderen verabschieden und zu unserer Unterkunft bei einem Tübinger Teilnehmer fahren, ist es bereits spät. Nach überraschend viel Schlaf sehen wir uns am nächsten Morgen zunächst ein Halbfinale an.
Nach dem Mittagessen fahren wir dann zum alten Anatomiesaal der Universität. Dort findet das Finale statt. Das Team aus Heidelberg in der Regierung tritt an gegen das Tübinger Team in der Opposition. Daniil Pakhomenko ist als Juror ebenfalls ins Finale gekommen. Das Thema lautet: „Sollten die Demokraten in den USA im Mauerstreit einlenken?“
Nach einer letzten spannenden Debatte und der Siegerehrung – Tübingen gewinnt – verabschieden wir uns schließlich von den anderen und machen uns auf den Weg zurück zum Hansenberg. Es ist zwar bereits wieder dunkel (und immer noch kalt), als wir ankommen, aber für dieses Turnier hat sich die Fahrt auf jeden Fall gelohnt…
Text: Isabel Kurth