Der deutsche Haushalt steht vor großen Herausforderungen: Der Klimawandel, die Digitalisierung und ganz aktuell die wirtschaftlichen Belastungen, die aus der Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine resultieren.
Die Frage, die sich stellt: Wie können wir diese Probleme lösen. Eins steht dabei fest: Jedes von ihnen wird große Mengen Geld kosten. Aber woher soll das kommen? An anderer Stelle im Haushalt zu sparen ist in der Größenordnung dieser Ausgaben nur schwierig möglich, neue Steuern zu erheben ist unpopulär und deshalb politisch schwer umzusetzen. Bleibt also die Möglichkeit Schulden aufzunehmen. In kleinem Maße ist das problemlos möglich. Doch wenn der Schuldenberg zu groß wird, gefährdet das die wirtschaftliche Stabilität der Nation. Um dies zu verhindern, wurde 2009 die Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben. Sie verhindert außerhalb von Krisen eine übermäßig hohe Neuverschuldung. Aber verhindert sie auch das Tätigen von längst überfälligen Investitionen? Und schränkt sie damit nicht auch den Wähler in unserer Demokratie ein?
Diese Fragen stellen sich nicht nur Finanzpolitiker. Auch hier am Hansenberg wurde die Frage laut, ob die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz gestrichen werden sollte. Doch nur mit PoWi-Lehrern zu diskutieren, wird auch irgendwann langweilig und so schrieb Florian Fabricius aus dem 19. Jahrgang an einem Dezemberabend dem hessischen Finanzminister Michael Boddenberg eine nette E-Mail mit der Frage, ob Interesse an einer Debatte mit Hansenbergern bestehe. Sieben Minuten später erhielt er die Antwort: Natürlich.
Ein Termin wird ausgemacht und der Debattierclub des Hansenbergs widmet sich der Organisation des Events.
Am 10. März ist es soweit. Florian Fabricius und Julia Pfaff begrüßen als Moderatoren die Schulgemeinde und einige externe Gäste zu einem spannenden Abend der Diskussion. Nach einer kurzen Vorstellung des Formats bitten die beiden mit kreativen Vorstellungen die Redner des Abends auf die Bühne. Auf der Seite für die Abschaffung redet ein weiterer Gast – der Politikökonom und erfahrene Debattant Dr. Lukas Haffert von der Universität Zürich – gemeinsam mit den Hansenbergern Felix-Maximilian Wenzel und Sophie Faßhauer. Mit dem Finanzminister auf der Gegenseite reden Klara Schmidt und Johann Gaulke.
Nach kurzen Einstiegsstatements folgt eine freie Aussprache. Der direkte Schlagabtausch offenbart die zwei Ebenen der Debatte: Unter ökonomischen Gesichtspunkten zweifeln Lukas, Felix-Maximilian und Sophie die Schädlichkeit von Schulden an und betonen die Wichtigkeit von frühen und wirkungsvollen Investitionen. Minister Boddenberg zweifelt gemeinsam mit Klara und Johann an, dass diese Investitionen nur ohne Schuldenbremse möglich wären und dass es sinnvoll wäre, Investitionen mit Geld der Zukunft zu tätigen, und somit der Bevölkerung der Zukunft die Möglichkeit zu nehmen, selbst über diese Ausgaben zu entscheiden. Diese Entscheidungseinschränkung sieht die Pro-Seite auch in der Gegenwart: Die demokratische Entscheidung des Wählers werde durch eine Einschränkung der Budgethoheit des Parlaments behindert. Diese Einschränkung, so wird erwidert, sei aber sinnvoll, um unserer Demokratie einen stabilen Rahmen zu geben. Auch andere Finanzentscheidungen seien beispielsweise über die EZB dem demokratischen Prozess entzogen.
Nach über 20 Minuten Debatte scheint es, als stünden sich die Positionen recht unversöhnlich gegenüber. Doch durch zahlreiche ausführliche Publikumsfragen nach der freien Aussprache werden auch Gemeinsamkeiten deutlich: Beide Seiten sehen das Aufnehmen von Schulden für das Verteilen von Wahlgeschenken - also nicht um notwendige Investitionen in Angriff zu nehmen - kritisch. Und auch wenn eine Abschaffung der Schuldenbremse für den Minister und sein Team definitiv nicht in Frage kommt, so sei eine Reform nicht ausgeschlossen und einige Aspekte könnten überdacht werden.
Die Schlussreden von Johann und Sophie nach den Publikumsfragen führen die Debatte an ihr Ende und regen gleichzeitig zu weiteren Gedanken und Fragen in den Köpfen der Zuschauer an.
Glücklicherweise ist auch hierfür noch Zeit und beide Gäste nehmen sich ungewöhnlich viel Zeit und bleiben fast eine Stunde lang auf der Bühne, um mit den Hansenbergern in den persönlichen Austausch zu gehen.
Mit der Abreise der Gäste endet wieder ein interessanter und informativer Abend am Hansenberg. Großer Dank für die Organisation der Veranstaltung gebührt Herrn Pakhomenko und dem Vorstand des Debattierclubs (Leo Wenzel, Henry Krenzer, Sophie Faßhauer und Felix-Maximilian Wenzel), sowie der Moderation, den Rednern, der Technik und allen weiteren Helfern. Besonders danken wollen wir dem Finanzminister Michael Boddenberg und Lukas Haffert, dass sie sich die Zeit genommen haben und diese Veranstaltung ermöglicht und bereichert haben.
Sa, 19.03.2022