„Wo beginnt Kunst?“, fragten wir uns, als wir vor 47 quadratischen Eisenplatten, ausgelegt zu einem Weg, mitten auf der grünen Wiese standen (Carl Andre: „47 Roaring Fourties“). Diese und andere kritische Fragen stellten wir,die 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion zur Ausstellung „Blickachsen IV“ im Bad Homburger Kurpark unserer Führerin Frau Bickel. Oberthema des Ausfluges war das Menschen- und Weltbild, wie es in den Skulpturen und Plastiken der verschiedenen Künstler reflektiert wurde.
Als Einstieg beschäftigten wir uns mit Trak Wendischs Werken „Frauenträger“ und „Jongleur“. Hierbei ging es vornehmlich um spontane Assoziationen zu den Werken, so dass es rasch zu einem Dialog zwischen Frau Bickel und uns kam. Trak Wendischs Werke ließen vielfältige Interpretationsmöglichkeiten und Ansichten zu, was jedoch nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zufriedenstellend fanden und die gesamte Zeit die Frage „Darf der Künstler den Betrachter mit seinem Werk allein lassen?“ über der Exkursion schweben ließ.
Rainer Fettings Werk „Drehung“, welches die monumentale Skulptur eines nackten, muskulösen Mannes mit verdrehtem Oberkörper zeigt, ließ Fettings verherrlichendes Männerbild deutlich zu Tage treten.
Eine weitere Statue war Anthony Gormleys „Feel“, die einen Eisenguss seines eigenen Körpers darstellt und bei der er die Einfüllstutzen des Eisens sichtbar bestehen ließ. Diese Einfüllstutzen sind für Gormley Kontaktpunkte zur Außenwelt, die für ihn eng mit der Frage „Wo beginnt mein Körper, wo hört er auf?“ zusammenhängen.
Als nächstes Objekt stand Ricardo Caleros „Espacio para el deseo“ auf dem Plan. Diese Skulptur zeigte zwei gegenüberstehende unterschiedlich hohe Stühle. Der kleinere Stuhl repräsentierte die Wissenschaft und der größere stand für die Macht der Natur. Diese beiden standen miteinander in Kontakt und gleichzeitig auch in Konflikt.
Zu einem Konflikt ganz anderer Art kam es bei Carl Andres Installation „47 Roaring Fourties“.Hier schieden sich die Geister. Der eine Teil der Besucher empfand dessen Werk als zu platt und hielt es nicht für Kunst, während der andere Teil ganz andere Empfindungen hatte und Andres Gedankengänge zurückverfolgte, der sich die Frage gestellt hatte: „Wo verdichtet sich ein Raum so, dass er zu einem Ort wird?“ Die Besonderheit dieser Skulptur bestand darin, dass ihr die dritte Dimension fehlte und diese erst entstand, wenn der Betrachter sich darüber hinwegbewegte.
Die anfangs gestellte Frage lässt sich wohl nicht pauschal beantworten, da jeder beim Besuch einer Kunstausstellung unterschiedliche Empfindungen bei den verschiedenen Werken hat. Auch weil viele Menschen mit einem für sie fest definierten Begriff „Was ist Kunst?“ ankommen und dann die Definition des Begriffes „Kunst“ anderer Menschen und des Künstlers nur schwer verstehen können. Bei dieser Exkursion wurde uns klar, dass die Bewertung eines Kunstwerkes sehr schwer ist und oftmals durch Voreingenommenheit erschwert wird.